Die Weberei Wendler

Es war ausgerechnet das an sich tragische Ereignis des Mühlenbrandes von 1901, das für Lomersheim mit Beginn des 20. Jahrhunterts die Tür zum Industriezeitalter weit aufstieß. Die künftige Verwendung des Mühlengeländes schien zunächst unklar, der Verkauf des Areals brachte weniger als die Hälfte seines zuvor auf 220.000 Mark veranschlagten Wertes ein. Die Weberei und Spinnerei Wolf aus Reutlingen erwarb das Gelände Ende 1901.

Mit weit über 200 Webstühlen und sonstigen Maschinen nahm das Werk am 1. Mai 1906 den Betrieb auf, doch musste es Wild – durch eine schwere Erkrankung behindert – ebenso wie verschiedene andere seiner Fabriken bereits kurze Zeit nach Eröffnung schon wieder veräußern. Im Sommer 1907 ging die Lomersheimer Weberei, in die Wild nach eigenen Angaben 600.000 Mark investiert hatte, für weniger als die Hälfte dieses Betrages an die Reutlinger Firma „Mechanische Baumwollweberei Gebrüder Wendler“ unter Leitung des Fabrikaten Eberhard Wendler sein. Das gesamte Personal des Wildschen Betriebes wurde übernommen.

Die Weberei Wendler Anfrang der fünfziger Jahre. Quergestelltes Gebäude vor dem Hauptgebäude: im Krieg Wohnbaracke der Zwangsarbeiter, nach dem Krieg Unterkunft für Flüchtlinge. (Album Wendler, Reutlingen; Quelle: Lomersheim an der Enz, S. 269)
Automatensaal der Weberei (Album Wendler, Reutlingen; Quelle: Lomersheim an der Enz, S. 270)

Chronik der Firma Wendler

Wir danken sehr herzlich Frau Edith Mannherz und der Familie Wendler für die hervorragende Vorarbeit und für die Bereitstellung der gesamten Unterlagen. Ohne diese Vorarbeiten wäre es uns nicht so schnell möglich gewesen, diesen Bereich hier aufzubauen.

  • 1843

    Die Firma Gebrüder Wendler geht zurück auf Eberhard Friedrich Renz, der im August 1843 in Reutlingen für 4000 Gulden eine Leimsiederwerkstätte, ein Wohnhaus und ein Manggebäude kauft.

  • ab 1869

    führt sein Schwiegersohn Gottlob Wendler die Firma fort

  • 1891

    übernehmen dessen Söhne Gottlob und Eberhard Wendler die Firma und führen sie ab 1896 als Gebrüder Wendler weiter.

  • 1907

    Eberhard Wendler sen.

    Eberhard Wendler sen.

    Wird Eberhard Wendler eine Feinweberei in Lomersheim bei Mühlacker angeboten. Ein Schweizer, Georges Wild, hat sie gebaut und will sie nun krankheitshalber abgeben. Schon am 7. Juni 1907 kommt es zum
    Abschluss.

    Das Anwesen in Lomersheim besteht aus einem Shedgebäude mit 211 Webstühlen, sonstigen Maschinen und Triebwerk, einer Kanal und Turbinenanlage an der Enz, der dazu gehörenden Wasser-Gerechtigkeit und ausgedehntem Terrain.

    Ihn selbst, sagt Wild, habe die Weberei 600.000 M gekostet, aber er verkauft sie nach einigem Schriftwechsel um 275.000 M. Wendler übernimmt auch die Warenvorräte und tritt in die schwebenden Kontrakte ein. Man verpflichtet sich ferner, die weiteren von Rüti noch zu liefernden 109 Webstühle abzunehmen. Die Leitung in Lomersheim hat der von Wild übernommene Direktor Bernasconi, ein Schweizer.

  • 1918

    Carl Jacob

    Carl Jacob

    Mit dem Ende des Krieges 1918 tritt der Schwiegersohn Carl Jacob an die Seite des Geschäftsführers Eberhard Wendler. Aus Gebrüder Wendler OHG wird eine GmbH.

    In Lomersheim wird der „Anker“, eine Gastwirtschaft unmittelbar gegenüber der Weberei erworben und ein Bau, der zunächst als Spinnerei gedacht war, aber dann einen Teil der Weberei aufnimmt, errichtet.

    1922 tritt der jüngste Sohn von Eberhard Wendler, Eberhard jun. in die Firma ein. 

    Eberhard Wendler jun.

    Eberhard Wendler jun.

     

     

  • 1924

    Am 1.1.1924 wird die Goldmarkbilanz erstellt, die Mark ist wieder etwas, an das man sich halten kann.

     

    Das Jahr schließt für Gebrüder Wendler mit einem befriedigenden Bilanzergebnis. Der Erfolg darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Geschäft höchste Anstrengungen verlangt. Der Markt verlangt neue Artikel mit einer Tendenz auf zunehmende Verfeinerung.


    Hier hat Gebrüder Wendler dank der Feinweberei Lomersheim einen erfreulichen Vorsprung vor der Masse der Konkurrenz.

     

    Lomersheim produziert Batiste, Voile, Mousseline sowie schwerere Produkte wie Popeline und findet auch auf dem Gebiete der technischen Gewebe ein ausgedehntes und dankbares Betätigungsfeld. Darin sind unter anderem enthalten Farbbandstoffe, Stoffe für Gummierungen, Regenmantelstoffe und ein Artikel, der besonderen Triumph einbringt, Ballonstoffe. Mit Stolz kann verkündet werden, dass die Zeppeline mit Gebr. Wendler-Stoff bespannt waren.

  • 1933

    Am 24.2.1933 stirbt Eberhard Wendler sen. Er war ein erfolgreicher Geschäftsmann und ein beliebter und geachteter Mensch. Lomersheim hatte ihn noch vor wenigen Monaten aus Anlass der 25-Jahrfeier des Erwerbs der Weberei zum Ehrenbürger ernannt.

    Er hinterlässt eine gesunde Firma. Die Geschäfte führen sein Sohn Eberhard jun. und dessen Schwager Carl Jacob fort. Die Geschäftslage ist gut und Lomersheim erhält 24.000 Mark für neue Maschinen.

  • 1935

    1935 wird mit der Aufnahme von kunstseidenen Artikeln die Aufstellung einer Kunstseidezettelmaschine mit einer Schlichtmaschine notwendig. Der Artikel kunstseidene Ärmelfutter bringt eine wertvolle Ergänzung der Kollektion für die Futterstoffkundschaft. Um der Nachfrage nach breiter Ware gerecht zu werden, werden zunächst anstelle von 26 alten 26 neue breite Stühle aufgestellt. Eine weitere Ausdehnung der Erzeugung von Breitgeweben ist nur möglich mit zusätzlichem Raum. So erhält die Weberei einen Anbau, in dem 60 doppelbreite Stühle und 24 Rüti-Automaten mit 196 cm Blattbreite untergebracht werden können.

  • bis 1938

    In den Jahren bis 1938 wird zielbewusste Aufbauarbeit geleistet. 1937 liegt der Gesamtumsatz von Gebr. Wendler bei 6,3 Mill. RM. In Lomersheim werden erste Schritte zur Automatisierung der Feingewebestühle unternommen. Eine Barber-Colman-Fadenanknüpfmaschine, die 6 Arbeitskräfte einsparen soll, kann günstig erworben werden.

    Die Rüstung erhält Vorrang vor allem und immer mehr tritt der Staat als Auftraggeber auf. Das Ressort technische Gewebe mit Oskar Böhme als Leiter gewinnt an Schwergewicht. Für den zivilen Bedarf bleiben Futterstoffe, Popeline, Sportartikel und Querrips, ferner nehmen einen beachtlichen Umfang Farbbandstoffe, Pflaster- und Schweißblattstoffe ein. Der Absatz ist gut. Lomersheim erhält zum Zweck der Qualitätskontrolle seiner Feingewebe 12 Warenschaumaschinen.

    Es wird recht gut verdient und großzügig in die Leistungsfähigkeit des Unternehmens investiert. Auch für das äußere Gesicht der Firma wird einiges getan. In Reutlingen und Lomersheim werden ansprechende Kantinenräume geschaffen.

  • 1939

    Mit dem Beginn des zweiten Weltkriegs am 1.9.1939 wächst der Anteil des Staates als Abnehmer auf 96 %.

    Zu den Spezialitäten von Gebrüder Wendler gehören wasser- und regenfestes Schutzzeug, sanddichte und wasserfeste getarnte Gewebe für den Tropeneinsatz, Persening aus Zellwolle für Kriegsmarine, Schlauchstoffe für Benzin und Heißluft für die Luftwaffe, Stoffe für Fliegerrettungsboote und Flugzeughemdenstoff als Schutz gegen Vereisung. Aus Zellwolle werden durch Einlagerung von Kunstharzen wasserdichte Stoffe hergestellt und dadurch ein vollwertiger Ersatz geschaffen für knapp gewordenes Baumwollgewebe.

    Die Neufertigungen erfordern zusätzliche Investitionen im Maschinenpark. Für Lomersheim werden rund 30.000 RM aufgewendet. Es werden eine Kreuzspulmaschine, eine Fadenkreuzeinlesemaschine, 1 Schussspulvollautomat und 1 Fadenhinreichmaschine gekauft.

    In den folgenden Jahren bis 1944 erhält die Weberei Lomersheim noch laufend Schützenwechselautomaten, dann aber schrumpfen die Investitionen. Bald nach Kriegsaubruch büßt die Weberei Lomersheim ihren Direktor Bernasconi ein. Die Parteileitung lässt wissen, dass er als schweizerischer Staatsangehöriger nicht mehr genehm ist und entlassen werden muss. Differenzen zwischen ihm und Carl Jacob spielen dabei auch eine Rolle.

    Die Zahl der Beschäftigten verändert sich trotz der Einberufungen in den ersten Kriegsjahren nicht, aber die Zusammensetzung ist eine andere, nämlich vorwiegend weibliche Arbeitskräfte. Wendler genießt in diesen Jahren Vorteile und Ruf eines „Spezialbetriebs“ und das Ansehen eines Musterunternehmens. Es ging dabei um „Kraft durch Freude“ und „Schönheit der Arbeit“. In dicken, reich bebilderten Bänden hat die Firma an Arbeitsfront und Volkswohlfahrt über ihre Leistungen berichtet.

  • Gebrüder Wendler Arbeitsdank

    Aus dieser Zeit stammt auch der “Gebrüder Wendler Arbeitsdank“, ein rechtlich selbstständiger Verein, der zum Träger einer Altersversorgung bestimmt war. Aus Zuwendungen der Firma wird ein Fonds geschaffen, aus dem Gefolgschaftsmitglieder oder deren Angehörige in Fällen von Not Unterstützung erhalten oder aber – und zwar ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Leistungsempfängers - Altersrenten, Witwen-, Waisen- und Sterbegelder erhalten sollten.

    Die Firma übersteht die Kriegsereignisse relativ unbeschadet.

  • 1945

    Im Januar 1945 wird die Firma in Reutlingen Ziel eines Bombenangriffs. Weitere folgen. Insgesamt beziffert sich der Schaden auf knapp 600.000 RM. Am 20. April 1945 marschieren französische Truppen in Reutlingen ein. Sämtliche Betriebsangehörige werden bis Mitte Mai aus dem Betriebsgelände ausgesperrt. 700 000 Meter Ware werden irregulär und über 2 Millionen Meter gegen Requisitionsscheine entnommen. Die Stadt ist von der Außenwelt abgeschnitten, es gibt kein Telefon, keine Post, keine Eisenbahn.

    Lomersheim, das in der amerikanischen Besatzungszone liegt, bleibt von derlei Schwierigkeiten verschont. Das wird von erheblicher Bedeutung. Über Lomersheim wird es möglich, Rohstoffe, Garne oder auch Rohgewebe in die französische Zone einzuführen und sie nach Verarbeitung in Reutlingen oder Pfullingen wieder in die anderen Zonen zu exportieren.

    Die Produktionsergebnisse des Katastrophenjahres 1945 sind bescheiden. 1946 bringt zusätzlich Verluste im Anlagevermögen. Es ist das Jahr der Demontagen.

    Ab 1. Januar 1946 werden zudem radikale Steuererhöhungen verhängt, es lohnt sich nicht mehr, Gewinne zu erzielen. Dennoch hält sich die Liquidität bis zur Währungsumstellung vom 20. Juni 1948.

    Die Weberei Lomersheim (noch unter amerikanischer Treuhänderschaft) produziert annähernd 1,6 Millionen Meter, Reutlingen nur 653.000 Meter.

  • 1946

    1946 treten der Bruder von Eberhard jun, der Gesandte Dr. Ernst Wendler und

    Dr. Ernst Wendler

    Dr. Ernst Wendler

    dessen Sohn Hugo in die Firma ein. Hugo hat gerade am Technikum in Reutlingen den Titel „Textilingenieur“ errungen. 1947 heiratet er Ursula, geb.

    Reiff. Er soll in die Fußstapfen seines Onkels Carl Jacob treten.

     

    Die Währungsumstellung erfordert Sofortmaßnahmen. Einerseits ist das Geld knapp und Sparsamkeit geboten, andererseits sollen jedoch der Warenausstoß und damit der Geldeingang forciert werden. Aus dem Verkäufermarkt ist ein Käufermarkt geworden. Es entwickelt sich ein starker Preisdruck. Rational

    Hugo Wendler

    Hugo Wendler

    isierung wird zu einer Forderung des Tages.

     

    Vor allem fehlt es an Wohnraum zur Unterbringung der Arbeitskräfte. Gebrüder Wendler gründet eine eigene Wohnungsbaugesellschaft. Es lohnt sich damals zu bauen. Der Staat stellt günstige Fremdmittel zur Verfügung.

     

    In Lomersheim ist der Bedarf am dringendsten und so wird die Kreisbaugenossenschaft Vaihingen beauftragt, einen Wohnblock mit sechs Drei-Zimmer-Wohnungen und drei Zweizimmerwohnungen zu errichten. Veranschlagte Kosten 90.000 DM.

  • 1950

    bringt einen Umsatz von 16,3 Mio DM und 1951 wird der Umsatz nochmals auf 22,6 Mio DM gesteigert, aber der Umsatzgewinn geht zurück.

    Es ist ein sprunghaftes Auf und Ab, ein nervöses Hin und Her und bei der nachlassenden kaufmännischen Moral ist das Geschäft keine reine Freude.
    Betriebsleiter in Lomersheim ist Herr Janz.

  • 1952

    glaubt man, den mühsamen Wiederaufbau soweit geschafft zu haben, dass Produktivität und Rentabilität einigermaßen stimmen, da stürzt in Pfullingen die im Jahre 1922 erstellte Spinnerei ein und begräbt sechs Mitarbeiter unter sich. Grund sind Fehler im Beton, eine falsche statische Berechnung und mangelhafte Bauausführung. Das stellt das staatliche Institut für Bauforschung und Materialprüfung in Stuttgart fest.

    Die Spinnerei in Pfullingen wird neu aufgebaut. Überall wird rationalisiert und modernisiert.

  • 1953

    Dr. Hans-Eberhard Wendler

    Dr. Hans-Eberhard Wendler

    Tritt der älteste Sohn von Eberhard jun., Dr. Hans-Eberhard Wendler im Alter von 24, verheiratet mit Ulrike Rhomberg aus Dornbirn, in die Firma ein.
    Das 1952 in Kraft getretene Betriebsverfassungsgesetz beschert der Firma einen Betriebsrat, einen Wirtschaftsausschuss und einen Aufsichtsrat. Im ersten Aufsichtsrat sitzen der Direktor der „Schwäbischen Treuhand“ Merckle als Vorsitzender, die Gesellschafterin Fanny Jacob und der Lomersheimer Meister Müller.

  • 1955

    Wird in der Weberei Lomersheim kräftig investiert. 50 neue Webautomaten werden angeschafft. Die Klimaanlage wird verbessert, eine Parks-Cramer-Absauganlage rückt der Flusenbildung auf den Leib, die Kraftzuführung kommt unter den Fußboden, der Betonboden wird durch einen Holzboden überdeckt und in die Schussspulerei kommen Hacoba-Automaten. Im Jahr darauf kommen 98 neue Webstühle dazu. Insgesamt belaufen sich die Aufwendung für Maschinen auf 1,4 Mio DM und nach einer Verschnaufpause von zwei Jahren kommen noch einmal 56 Rüti-Automaten dazu.

    Der Schwerpunkt der Produktion sind jetzt Hemdenstoffe. Futterstoffe werden nur noch in geringem Umfang in der Weberei Reutlingen hergestellt.

    Alles was es zu organisieren gibt, setzt voraus, dass die Arbeiterschaft mitmacht. Man setzt Anreize mit Berichten über die Geschäftslage, mit einer Werkzeitung „der Mitarbeiter“ und mit Zahlungen für Betriebstreue. Es werden bis Mitte der fünfziger Jahre auch Betriebsausflüge und Weihnachtsfeiern veranstaltet.

    Später dann wird Mitarbeitern mit mehr als 5 Jahre Zugehörigkeit ein achttägiger Erholungsaufenthalt bezahlt. Erst mit Einführung eines tarifmäßigen Urlaubsgeldes werden sie eingestellt.

  • 1959

    An der Jahreswende 1959 auf 1960 ist man der Meinung, dass das Schwerste überwunden sei.

    Die Betriebe sind in guter Verfassung, die Ware und der Ruf der Firma sind gut und die Auftragsbücher voll. Die junge Generation trägt bereits einen entscheidenden Teil zu dem, was erreicht ist, bei. Man beteiligt sich erstmals an der Frankfurter Interstoff-Messe.

  • Exkurs: Zufälle gibt’s!

    Hugo Wendler wird am heißesten Sommertag dieses Jahres zu einer Ballonfahrt eingeladen. Man startet von Karlsruhe und überlässt dem Wind alles Weitere.

    Seine Frau Ursula und seine drei Kinder verfolgen den Ballon mit dem Auto. Sie haben eine Sondergenehmigung und dürfen auch auf verbotenen Wegen fahren. Je länger die Fahrt dauert, umso bekannter kommt Ursula das Gelände vor.

    Inzwischen bereiten die Ballonfahrer die Landung vor. Der Ballon sinkt und kommt am Abhang neben dem Gelände der Gebrüder Wendler in Lomersheim herunter. Eine Mitarbeiterin sagt ganz erstaunt: „Herr Wendler, mir hättet net gedacht, dass Sie aus der Luft kommet“.

    Kein Mensch will plötzlich mehr Baumwollgewebe haben. Eine Synthetikflutwelle setzt ein. Die Enttäuschungen mit bügelfreier Baumwolle waren so hoch, dass das wirklich bügelfreie Nylonhemd auf offene Türen stößt.

    Gebrüder Wendler entscheidet sich für eine Einschränkung der Produktion von Baumwolle und für eine Beschleunigung der Erzeugung von synthetischen und halbsynthetischen Geweben. Die Zeit der Spezialisierung auf den Baumwollhemdenstoff ist zu Ende.

  • 1961

    Aber Baumwolle und Nylon gehen nicht so einfach nebeneinander. Die Weber müssen umlernen und die Nylonabteilung muss durch Folien gegen den Baumwollflug abgeschirmt werden. Die Weberei in Lomersheim ist 1961 zwar voll beschäftigt, aber nicht mit der vollen Stundenzahl, da bei der Synthetikherstellung dem einzelnen Weber nur eine geringere Anzahl von Stühlen zugeteilt werden kann.

    Man entschließt sich zu einem zweiten Bein. Die Firma Hahn & Kolb in Stuttgart ist bereit, beim Aufbau einer Werkzeugmaschinenfertigung in Lomersheim zu helfen. Die neue Firma heißt „Enz Metall“. Als Leiter der Fertigung fungiert Karl John aus dem Haus Hahn & Kolb. Dann aber lässt Hahn & Kolb wegen interner Probleme Enz Metall in der wichtigen Aufbauphase im Stich. Enz Metall ist in kürzester Zeit konkursreif, aber es gelingt dank der Bemühungen von Hugo, die Firma zu retten.

    Inzwischen gelingt es auch, in einer Partnerschaft mit anderen Textilunternehmen den Verbraucher durch die Entwicklung eines bügelfreien Baumwollhemds wieder zur Baumwolle zurückzuholen. Die Marke Cottonova wird ein großer Erfolg.

  • 1964 und 1965

    Im Mai 1964 stirbt Eberhard Wendler jun. und im November 1965 Carl Jacob. Eberhard hat 43 Jahre und Carl 41 Jahre die Geschicke der Firma beeinflusst.

    Carl war die Autorität in Sachen Spinnerei und Weberei. Seine besondere Liebe gehörte der Spinnerei und Lomersheim. Insbesondere Lomersheim war ein Bereich, den er mit keinem anderen teilen musste. Dass ihm zu seinem 75. Geburtstag die Ehrenbürgerschaft verliehen wurde, ist ein Beweis, dass er geachtet und beliebt war und seine Sachkenntnis und sein unverblümter Umgangston respektiert wurden.

    Die Geschäfte werden jetzt in fünfter Generation von den Vettern Hans-Eberhard und Hugo und dessen Vater Ernst Wendler geführt. Die Zeiten für die Textilindustrie werden immer schwieriger. Der Importdruck aus Billiglohnländern wächst. Hierzulande sind qualifizierte Arbeitskräfte knapp.

  • ab 1955

    1955 gewinnen neben den Hemdenstoffen modische Berufskleidung und Einlagen für Hemdenkrägen an Bedeutung. Bei den Einlagen geht man sogar noch einen Schritt weiter und bietet dem Kunden nicht nur Einlagenstoff an, sondern vorgestanzte Einlagen an.

    An die Stelle von Cottonova tritt das Hemd mit „der schwarzen Rose“. Innerhalb von zwei Jahren wird es die stärkste Marke auf dem Hemdenmarkt. Danach kreiert man mit den Cottonova Partnern die Marke Duo Cotton. Auch hier sieht man gute Chancen.

  • 1968

    1968 stirbt völlig unerwartet Hans-Eberhard. Auch für die Firma eine Katastrophe. Der größte Aktivposten der Firma war das Gespann Hans-Eberhard und Hugo. Alles lastet nun ausschließlich auf Hugo.

  • Ende 1969

    1969 ist das Team um Hugo vollständig. Er ist alleiniger Geschäftsführer, aber auf zweiter Ebene sind ihm kompetente Mitarbeiter zugeordnet. Den Lomersheimer Betrieb leitet Herr Braun.

Hier endet die Chronik von Dr. Ernst Wendler.

Dr. Gerhart Wendler

Dr. Gerhart Wendler

Hugo Wendler gelingt es, in einer ungeheuren Kraftanstrengung trotz der zunehmenden Probleme der Textilindustrie die Firma noch bis 1976 profitabel zu führen. Als der Importdruck jedoch zu groß wird, entschließt er sich, den dreistufigen Produktionsbetrieb mit Spinnerei, Weberei und Ausrüstung zu liquidieren. Die Einlagenabteilung führt er als selbstständige Firma weiter.

Sein Sohn Dr. Gerhart Wendler übernimmt sie Anfang der achtziger Jahre und führt sie unter Wendler Einlagen GmbH & Co KG in nunmehr sechster Generation weiter und expandiert kräftig. Zusammen mit seinem Partner Lohrer verlegt er sie 1999 aus den Räumen von Gebrüder Wendler ins Reutlinger Industriegebiet Mark West. Die Räume bei Gebrüder Wendler sind zu klein geworden. Gebrüder Wendler firmiert jetzt als Gebrüder Wendler Vermögensverwaltung GmbH & CoKG mit Dr. Gerhart Wendler als Beiratsvorsitzendem. Gebr. Wendler verwaltet die Immobilien des einstigen Textilbetriebs, die noch immer im Eigentum der Nachkommen der

Erben von Eberhard jun., Dr. Ernst Wendler und Carl Jacob sind.

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